In der neuen Primärversorgung sind zum ersten Mal ÄrztInnen und Gesundheits- und Sozialberufe in institutionalisierter Form unter einem Dach oder in einem Netzwerk vereint. Das ermöglicht eine ganz neue Art der Zusammenarbeit und ebnet den Weg für eine ganzheitliche, kontinuierliche Versorgungskette – verlangt aber auch nach einer neuen moderneren Betrachtungsperspektive und dem Loslösen von alten Strukturen.
Neben den äußeren Kompetenzen, und dem Aufgabenspektrum einer PVE, das einer breit gefächerten diagnostischen, therapeutischen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung dient, ist ein weiterer wichtiger Aspekt die innere Unternehmensstruktur und Organisation.
Zum einen fallen im laufenden Betrieb klassische betriebswirtschaftliche Aufgaben wie Buchhaltung, Rechnungswesen und Lohnverrechnung an. Zusätzlich ist Fachkenntnis im Umgang mit steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten gefragt. Zum anderen bringt die neue Organisationsstruktur noch viele weitere Aufgabenstellungen mit sich und den Ärzten/Ärztinnen wird immer mehr abverlangt. Die Arbeit an den Patient/inn/en ist nur mehr ein Teil ihres Leistungsspektrums.
Beginnend bei der Konzipierung und Gründung bis hin zum laufenden Betrieb müssen sich die Leistungsersteller in unzähligen Disziplinen beweisen. Man ist nicht mehr nur Gesundheitsdienstleiste/r im klassischen Sinn, sondern auch UnternehmerIn, ManagerIn, internal und external Communications ManagerIn, Community ManagerIn, AdministratorIn, DienstplanverwalterIn, HR-ManagerIn, MarktforscherIn, Facility ManagerIn uvm.
Auf den ersten Blick sind das sehr viele neue Herausforderungen, die die komplexe Organisation einer Primärversorgungseinheit mit sich bringt. Mit ihr eröffnen sich aber auch viele neue Möglichkeiten eines völlig neuen Versorgungsmodells, das für alle Beteiligten eine Vielzahl von Vorteilen mit sich bringt. So können nicht nur das Behandlungsspektrum und die Gesundheitskompetenz durch das sektorübergreifende Arbeiten erweitert werden, sondern auch die Arbeitsbedingungen für ÄrztInnen und Gesundheits- und Sozialberufe erheblich verbessert. Beispielweise können durch die Zusammenarbeit und Teilung von Aufgaben längere Öffnungszeiten gewährleistet und Vertretungen vereinfacht werden ohne die Work-Life-Balance der einzelnen Beteiligten zu gefährden. Durch die transdisziplinären Teams entsteht auf mehreren Ebenen ein Synergieeffekt, von dem alle Beteiligten profitieren können. So wird zum Beispiel der Verwaltungsaufwand, den man als UnternehmerIn hat, auf mehrere Träger geteilt. Auch durch die im neuen Primärverordnungsgesetz verankerten und überarbeiteten, leistungsorientierten Honorierungsmodelle werden die Arbeitsbedingungen in der Primärversorgung zusätzlich verbessert.